Verlorene Siege
(FÜR VERLORENE FLUGHUNDE)
Warum schweigen die Lyriker?
Weil alles gesagt ist.
Es ist nichts mehr neu unterm Himmelblau.
Alles besungen,
alles beklagt,
alles beweint,
alles verklungen.
Was zwischen den Zeilen stand,
zersiebt zu Staub.
Nicht einmal mehr Wollmäuse
unter dem Regal.
Was in den Zeilen stand,
alles vergilbt:
Verbrannt die letzten Bände
im Licht der Tausend Sonnen.
Was soll also die Nachfrage?
Nichts ist unwichtiger als
Gesang der Dichter im Untergang.
Als es noch wichtig war,
wollte keiner Gedichte lesen:
Zu schwer das Erbe von 5000 Jahren.
Jetzt, vor dem Ende, sucht
jeder noch einmal Sinn
auf dem Wühltisch.
Wie dankbar bin ich dem Tod,
dem Verschwinden in Fäulnis
und Auflösung,
dass er selbst Zivilisationen
ereilt:
Die Scham wäre zu groß.