Der Turm (ein Ständchen dem Dualismus)
Türme werden stürzen,
wie alle Anmaßung am Übermaß zerbricht.
Die Naturgesetze sind einfach:
Alles hat eine
Sollbruchstelle, eine
Belastungsgrenze, einen
Materialfehler, eine
Ermüdungserscheinung, einen
Abgesang in der Materie.
Ich ziehe den Sturz dem Sturm
vor.
Doch manchmal lasse
ich Drachen steigen,
wie Frankenstein,
um Lebensenergie zu atmen.
Es ist sicherlich mein schlimmster Fehler,
mein einziger:
„In Orkan gepeitschter Nacht wird
ein wütender Reiter von Norden her
kommen, zu bringen des Kindes
Leib zur Leichenschau am
Panoptikum der Turtelei.“
So bin ich also der Bilderstürmerei leid
und mein puristisches Gewissen
hat dem Schwelgen
auf den Sonnenmatten der
Höhentäler Platz gemacht.
Da sind noch ein paar
aufmüpfige Reste,
die beschweren sich um
den Verlust der alten Ideale:
Ach, was wäre ich doch für
ein schlechter Kommunist
geworden!
Ich kann keinen Kuchen
unprobiert lassen.
So seh‘ ich auf die Türme
mit Stolz, die stürzen werden
im Sturm oder im Beben!
Wenigstens waren sie
eine kleine Zeit lang
aus dem Mysterium des Nichts
geworden, zu dem sie wieder
werden.
Alles Phallische dient nur
dem einen Zwecke,
Leben in die Welt zu bringen,
die vom Tod umringt ist,
wie ein Schaf von Wölfen.
Darum töten wir, darum
essen wir, darum ficken wir,-
nur dem zu gehorchen,
was immer schon vor uns
war:
Wandelnde Nebel
aus Gas und Staub,
aus Laub und Mehl,
aus Leib und Seel.
Das Unheil nimmt
immer seinen Lauf,
das Unheil hat immer
einen Ritt, einen Riff!

Der Pferdekopfnebel im Sternenbild Orion, ca. 1500 Lichtjahre entfernt