Brief an die Eltern meiner Frau
Liebe Elke, lieber Helmut,
ich habe schwer mit mir gerungen, ob ich diesen Brief überhaupt schreibe
oder nicht, und ich bin zu dem Entschluß gekommen, Euren rhetorischen
Vieldeutigkeiten vorzubeugen und Euch einen einigermaßen
eindeutigen Brief zu senden, um Euch „Adieu“ zu sagen.
Ich werde jetzt 50, und ich habe zusammen mit
Wolfgang eine echt schwere Zeit überwunden, in der wir uns
gegenseitig beide in unseren „Nehmerqualitäten“
bewiesen haben. In dieser Zeit war Respekt eine wesentliche
Erfahrung des Überlebens, und ich habe mir selber geschworen, daß ich
Menschen aus meinem Leben „hinauswerfen“ werde,
die mir eben jenen Respekt verweigern, egal wir nah sie mir stehen.
Genau das werde ich mit Euch jetzt tun!
Das soll so klar und eindeutig sein, wie es irgendwie geht
und dennoch genauso human und begründet. Um das zu gewährleisten
habe ich eine klein Liste
geschrieben, in der ich aufzähle, warum ich mit Euch nichts mehr
zu tun haben möchte.
- Ihr beide habt ein sado-masochistischen, verkapptes und patriachal
subordiniertes Beziehungsverhältnis. Ihr verkauft der Welt Eure
intellektuelle Liberalität, seid aber nichts anderes als erzkonservative
National Bourgeoisie. -
Ihr beide kommuniziert immer nur im double-bind! Wenn Ihr
nicht wißt, was das bedeutet, fragt Willemsen (Eure Haus-und Hof
Psychologen). Mit dieser Kommunikationsstruktur habt ihr Eure
Kinder in den Wahnsinn getrieben. Meine Schwestern kamen gesund
zur Welt. Erst Eure „verlogene“ Art zu Kommunizieren hat sie
zum Wahnsinn gebracht. Dieses unreflektierte, linksintellektuelle
Getue Eurerseits, indem Schein mehr wert ist, als sein, indem
ständig Toleranz vermittelt wird, aber letztlich Intoleranz gelebt wird,
hat uns alle zerstört. Aber das begreift Ihr nicht! Ihr begreift nicht
die Folgen Eures Tuns, von Goetz Unfall, über Helmuts Krebs bis hin
zum „Wahnsinn” meiner Schwestern und meinen Angstattacken,
die Ihr nicht mal ansatzweise zur Kenntnis genommen habt.
Eure verkappten Positionen wären wohl deutlicher hervorgetreten, hätte ich einen
Bundeswehroffizier geheiratet, wäre in die NPD eingetreten
und hätte national-önonomisch gehandelt.
3.Ihr behandelt Eure Kinder nicht als Erwachsene. Ihr zieht hinter
Ihrem Rücken über sie her. Ihr seid ständig enttäuscht über das,
was sie nicht erreicht haben, anstatt froh zu sein, daß sie überhaupt
einigermaßen Eure Erziehung überlebt haben.
Ihr habt beide immer nur Euer ach so tolles, künstlerisches Lehrer-
Ehepaar-Image gepflegt. Aber so toll seid Ihr nicht!
Aus dieser Haltung heraus begegnet Ihr allem und jedem mit Hohn, Spott
und Verweigerung, was/der nur einigermaßen normal sein will.
Eure Arroganz ist Euer persönliches und gemeinschaftliches
Lebensverbrechen.
Ihr seid in der Ego-Filterblase von Freunden und Anschauung
hängen geblieben und kreist nur ständig um Eure eigenen
Befindlichkeiten.
Dass ihr eigentlich nur besserwisserische Revanchisten seid,
ist Euch nicht bewußt.
4.Selbst wenn man Eure Double-Bind-Kommunikation Euch vorhält
(wie letztens ich es Elke am Telefon gegenüber aufzuzeigen versucht habe)
streitet Ihr das Offensichtliche ab. Man erwischt Euch bei Euren sozialen Inkompetenzen
und Ihr streitet es immer noch ab. Ihr seid weder reflektierter, noch einsichtiger
als der dümmste Prolet oder Bauer. Und das beschämt mich zutiefst.
Ja, ich bin zutiefst enttäuscht von Euch!
5.Ich möchte meine Kinder nicht solchen Menschen aussetzen.
Es reicht mir schon, was ich mit Euch durchmachen mußte,
von der frühkindlichen Entwurzelung, über den Zerstörungen
meiner männlichen Bezugspersonen, bis hin zu Eurem ständigen
Nörgeln an dem, was ich bin und nicht in Eurem Sinne geworden bin.
So, ich denke,
ich habe alles zusammengefasst. Einiges wirft wohl Fragen auf,
wird aber unbeantwortet bleiben. Ihr werdet bestimmt
irgendwelche psychologisierenden bzw. pseudophilosophischen
Kategorien finden, um meine Kritik an Euch zu bannen und
es zu meinem Problem zu machen.
Selbstkritik war nie Eure besondere Stärke.
In diesem Sinne
wünsche ich Euch noch ein gutes und erfülltes Leben.
Wenn Ihr aber meint, Einsicht zu haben, würde ich
mich über einen selbstkritischen, respektvollen Brief freuen.
Mit freundlichen grüßen
Wolfgang i.A. von Heike
“Das ist doch Deine Sicht auf sie; meine war, dass meine Lebenskraft komplett durch das Auslöffeln anderer Suppen aufgezehrt wird und nicht mal in dem Moment, wo man wirklich nicht mehr kann, man in Ruhe gelassen wird!” Heike