
Nicht die ans Licht gekommenen Wahrheiten fördern Revolutionen, sondern Wahrheiten, die unterdrückt wurden. Lucius Annaeus Seneca
Das Imperium Romanum oder immer dieselbe alte Fresse
Das offene Wort ist wieder Verrat.
Du darfst nicht singen über Verrat!
Üb` Dich in Gesängen zur Liebe;
von mir aus Sex, von mir aus Triebe!
Aber feil` nicht an Stanzen der Macht,
entfalt` keine rhetorische Pracht!
Enthalt‘ dich der Kritik am System;
Formulier‘ Xenien und halt‘ Dich bequem.
Trag` den Großen die Fehler nicht nach.
Sei simpel im Wort, im Rhythmus sei brach.
Verlier´ keinen Spott und laß´ Ironie als Gewürz.
Längere Sätze hoble, meide und kürz.
Sei einfach und verdaulich im Gemüt.
Spül´ hinunter, was Dich betrübt.
Wein` gibts genug,Tränen müssen nicht sein!
Öffne die Tore, laß Brot und Spiele herein.
Die Großen haben Großes mit uns vor;
drum bauen sie Festungen, Burgen und Forts.
Das Geld wird knapper, es steht nur auf Papier,
die Helden sind satter, die Siege nur Zier.
Das Heer der Sklaven bald zu Neuem erwacht;
sie treiben Europa zur kaiserlichen Pracht:
Dann werden wir singen in Gefangenchören
und den Geldhäusern unsere Eide schwören.
Schon jetzt gehörst Du ihnen, bist nur Inventar.
Lass` die Sestinen und gib höflich den Narr!
Das alte alte alte Reich wird neu entstehen;
werden wir auch bleich, wir werden nicht untergeh´n.
Rainer Maria Rilke: Winterliche Stanzen:
Nun sollen wir versagte Tage lange
ertragen in des Widerstandes Rinde;
uns immer wehrend, nimmer an der Wange
das Tiefe fühlend aufgetaner Winde.
Die Nacht ist stark, doch von so fernem Gange,
die schwache Lampe überredet linde.
Laß dichs getrösten: Frost und Harsch bereiten
die Spannung künftiger Empfänglichkeiten.