Meine Trau (m) (a) (h) (l) Zeit

Walkabout

Walkabout

 

„Wenn ich nicht für mich bin, wer ist für mich? Und wenn ich für mich bin, was bin ich? Und wenn nicht jetzt, wann denn?“ Pirqé Avót, Hillel, 1,14

 

nacré – Psalm 23 im Haus einer nubischen Heka

 

Wir irren umher,

wir irren Touristen,

auf rostenden Dünen,

über oxidierte Ebenen,

in grünspanigen Tälern,

Funkeln am Ende des Kessels,

tanzender Spuk beschatteter Totems

und morschen Medizinbeuteln,

aufsteigend in Hennatinktur-Tattoos.

 

Verdorrter Hände Trost

in staubigen Rippengläsern;

knirschende Schalen bis zum Rand:

Rauten, Rinnen, Runen,

staunen und verstummen!

Da, im Bleikranz, eine Glyphen-Punze,

die die Stunde verrät,

-im Raum, verhiessenen Wohlstandes-

in der alles schmolz, in der Glut

einer roten Sonne.

 

Im Lichterloh Bastet steht,

aus Bast und Lehm. Im

Becken, im Innenhof,

Sobek mit aufgerissenem Maul:

Blauer Sand – silbriges Band,

ausgespült vom Katarakt.

 

Wie schmecken Nebelbänke?

Wie fühlt sich der

feuchte Rest von Endzeit an?

Fragt sich so ein Verdurstener?

Das Salz,

perlmuttschimmernd,

bricht schuppig aus der Pfanne.

Ich zähle die Mumien und Puppen

zwischen den Trockenkräutersträussen

in den Galerien und an den Palisaden:

Colorierter Handel, Hügel von Mehlen.

 

Geschmack, pudrig, nach Natron –

die Kindheit in den Perlen

einer Limonade – siehst Du

den gelben Tod der Zitronen,

so wie ich ihn sehe?

 

Laß uns irren,

irren, laß uns bloß irren,

unseren Ängsten zugute,

bis dass das Wimmern uns meidet?

 

Linnen segeln weiß vor Assuan.

 

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Abenddämmerung

Am blassen Meeresstrande
Saß ich gedankenbekümmert und einsam.
Die Sonne neigte sich tiefer, und warf
Glührote Streifen auf das Wasser,
Und die weißen, weiten Wellen,
Von der Flut gedrängt,
Schäumten und rauschten näher und näher –
Ein seltsam Geräusch, ein Flüstern und Pfeifen,
Ein Lachen und Murmeln, Seufzen und Sausen,
Dazwischen ein wiegenliedheimliches Singen –
Mir war, als hört ich verschollne Sagen,
Uralte, liebliche Märchen,
Die ich einst, als Knabe,
Von Nachbarskindern vernahm,
Wenn wir am Sommerabend,
Auf den Treppensteinen der Haustür,
Zum stillen Erzählen niederkauerten,
Mit kleinen horchenden Herzen
Und neugierklugen Augen; –
Während die großen Mädchen,
Neben duftenden Blumentöpfen,
Gegenüber am Fenster saßen,
Rosengesichter,
Lächelnd und mondbeglänzt.

Heinrich Heine

 

 

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