
Ich bin ein Star – ich hol mich hier raus
Vorwort irgendeines typisch gekränkten, weiblichen Lyrischen-Ichs aus dem Off, verliebt in die eigenen Illusionen:
Steinbruch: Verklärung eines Scheiß Lebens als Dichter in den Zeiten der Sklaverei, im Leben und im Tod immer wieder mal mißbraucht
für Marie Bonaparte
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Immer zum Vergnügen der anderen,
um Bestätigung kämpfend und
Mißachtung erntend, – was weißt Du
schon von meinem Waisen-Leben, Leser!
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Was weißt Du von den Dämonen, von
meinem Mündel-Herrn in meinem Hirn gesetzt,
über Orakel gegen meinen kindlichen
Kopf geschleudert, die mich in Absinth
und Laudanum fliehen ließen, um meine
Bestimmung zu finden, in menschlichen Tabus?
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Der Rausch, meine einzige Zuflucht, um zu
ertragen, meine Existenz als versagender Verleger,
Kritiker und Dichter. Dieser stetige Druck, allen
zeigen zu wollen, daß ich es kann und doch nur
angwiderte, unverständige Blicke zu ernten – ein paar
Pennys, die ich gleich wieder versoff in Spelunken.
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Was weißt Du von meinen Ängsten und zwanghaften
Trieben, versteckt in Gedichten und verschachtelten Sätzen,
täglich aus mir getrieben, um nicht zu ersticken an dem
Unvermögen, eine Frau zu berühren, einen anderen Menschen
mir nah sein zu lassen, jenseits von Konvention, am hellichten
Tage, nachdem ich die Gemächer des Rausches erleichtert verließ?
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Oft zitternd im Regen, die täglichen Prügel vergessend, nicht
wissend, wohin, so stand ich an Wänden, in Gassen der Schande,
wo billige Mädchen, die Zeit mir vertrieben, in flüchtigen Reden,
die niemand verstand, der mich wirklich gekannt. Ich schlüpfte
in Rollen, spielte Herren und Narren, der Logik verfallen, in den
Nöten, aus Mord und aus Töten, das Grauen zu sehen, mit Verstand.
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In jedem Gedicht, das ich schrieb, aus der Grube meines Lebens,
in jeder Geschichte, die mich trieb, aus der Höhle meiner Ängste,
war dennoch nur Scham meiner Laster, verklebt mit dem Zaster,
abgerungen dem Opium und den Spielen und der Sucht in Träumen
zu sehen, was noch nie jemand erkannt. So bin ich´s des Todes
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schon im Leben gewesen und unendlich beschämd, nicht niemals
jemand gewesen, dem Achtung geschenkt. Nach meinem Tod dann
erstiegen, aus Gräbern aus Wörtern, mein Leben umsonst als Leben
gefühlt: Was weißt Du schon von meinem Leben, süchtiger Leiden!
Zu spät, viel zu spät, als wertvoll besehen, als würdiger Dichter erkannt.
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Dieses Absaugen von Leben der Genies, die nie sein durften, wie sie waren, weil
sie waren, wie sie waren ist das Geschäft sinnloser, skrupelloser Öder:
Literaturwissenschaft.
„Edgar, solltest Du wieder durch diese Straßen streifen, fürchte ich, wirst Du auch wieder süffeln, so lang, bis Du ganz von Sinnen bist. […] Auf keinen, der vor dem Frühstück trinkt, ist Verlass!“Thomas W. White
Nachwort irgendeines typisch gekränkten, weiblichen Lyrischen-Ichs aus dem Off, verliebt in die eigenen Illusionen:
Dir gehört die Sprache nicht, sie ist geliehen!
Copyright Fabian Fabioli