Die großen und die kleinen Lügen
Wir gehen immer nur so dumm
durchs Leben, wie wir uns von
der Obrigkeit verbilden lassen.
Läufig predigen uns die Herren
Humanismus und teilen die Beute
wie Kannibalen unter sich auf.
Der Mensch frißt den Menschen,
da ist gar kein Wolf mehr nötig.
Falschen Analogien folgend,
sprechen wir nur die Sprache
des Gerichts und verurteilen
die Falschen, die Zurückgebliebenen.
Wir schimpfen auf die Kriminellen,
die Gewaltätigen, die Unmoralischen.
Wir zeigen, im Gewand des Pharisäers
gekleidet, auf die Unwürdigen und begreifen
nicht, daß die Honoratioren, die wahren
Verbrecher in unseren Leben sind.
Mir geht es manchmal wie dem Azdak,
daß ich nicht mehr sehen möge,
nicht weil ich gerechter, nur unbehelligter
sein möchte. Nach Gewinn zu streben,
widerstrebt mir, aber für gerechten
Lohn hab ich nicht den Mumm zu klagen.
Mir geht es wie vielen,
die unbeachtet ihrer Fähigkeiten,
nie die Möglichkeiten bekommen
andere Pralinen zu essen.
Das Leben ist nicht
wie eine Schachtel Pralinen,
wenn man nicht weiß, welcher
Kannibale sie gefüllt hat.
Ich will aber nicht klagen,
ich will, daß es mir egal ist,
wem das Glück oder das
Unglück zugesprochen wird!
… ein Erzählwerk von unwillkürlicher Großartigkeit, bunt, wild, roh, amüsant, verliebt und verlumpt, kochend vor Leben, mit Tod und Teufel auf Du und Du, zerknirscht am Ende und gründlich müde einer Blut, Raub, Wollust sich vergeudenden Welt, aber unsterblich in der elenden Pracht seiner Sünden.
Thomas Mann